Ri 02/2020: Gewaagt digital.

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Begrüßung

Liebe Leserin, lieber Leser,

was hat dieses Jahr doch an digitalen (Un-)Möglichkeiten gebracht! Viral gegangen ist nicht nur das Coronavirus selbst, sondern auch die Anpassung an die neuen Lebensumstände. Kein Lebens- und Berufsbereich blieb unerfasst. Nachdem im Frühjahr viele Termine zur mündlichen Verhandlung aufgehoben und auf einen unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft vertagt wurden, hat sich in der Justiz in den vergangenen Monaten einiges getan. Die ersten Verhandlungen per Videokonferenz haben mittlerweile stattgefunden. Sowohl über private Rechner mancher Richterinnen und Richter, aber auch über gerichtliche technische Einrichtungen. In diesem Heft widmen wir uns vor allem dieser Entwicklung und was diese für die Richterschaft und die Gesellschaft bedeutet bzw. bedeuten wird. Dabei haben wir auch einen Blick über die Landesgrenzen hinaus auf die Ukraine geworfen.

Die Digitalisierung der Justiz und aller anderen gesellschaftlichen Bereiche kann natürlich nicht losgelöst von externen Einflüssen und ihren praktischen wie rechtlichen Folgen betrachtet werden. Während das sog. Zoom-Bombing, das Stören von Zoom-Videokonferenzen durch Dritte, hierzulande wenig praktische Relevanz hat, stellt sich insbesondere vor dem Hintergrund des kammergerichtlichen Emotet-Disasters Ende 2019 und Anfang 2020 die Frage, wie die Sicherheit der Daten von Prozessparteien generell gewährleistet werden kann. Die sog. Cybersecurity kann schließlich nicht nur eine Verpflichtung der Privatwirtschaft sein. Damit einher geht auch die Frage, wie weit Digitalisierung in der Justiz gehen darf. Wo werden die Grenzen des Prozessrechts erreicht, wo werden die Grenzen der DSGVO und der Ethik überbeansprucht? Aus diesem Grund haben wir ein Heft zusammengestellt, welches aktuelle Fragen beantworten und Lösungsansätze bieten möchte.

Doch auch abseits der Rechtspflege stellen sich die Fragen der praktischen Folgen des Schrems-II-Urteils des EuGH (Az. C-311/18). Dabei ist nicht nur offen, ob die Zivilprozessordnung datenschutzrechtlich nationales Sonderrecht darstellt, sondern auch, ob Schrems‚ Errungenschaft für Europa wirklich zukunftstauglich ist. Was bedeutet die Datenmacht digitaler Plattformen für den freien Wettbewerb und seine Regulierung? Welche – vor allem praktische – Bedeutung haben die Vorschriften des Referentenentwurfs zur Einführung elektronischer Wertpapiere für Startups?

Nicht zuletzt treiben uns die Sinn- und Rechtsfragen rund um Innovation in der anwaltlichen Beratung sowie allgemeinen Geschäftswelt um. Die Rezensionen in diesem Heft zeigen, dass sich hier viel bewegt und an mancher Stelle noch viel mehr geträumt wird. Zum Thema „Innovation und Jura“ haben Herausgeberbeirat Dr. Sebastian Feiler und ich übrigens in der Jubiläumsfolge Nr. 50 des Podcasts „Irgendwas mit Recht“ mit Marc Ohrendorf diskutiert.

Ich wünsche erkenntnisreiche Erlebnisse! Wenn Sie mögen, diskutieren Sie diese mit uns auf LinkedIn!

Herzliche Grüße und beste Wünsche für die Gesundheit,

Ihre

Claudia Otto

Rechtsanwältin, Herausgeberin und Chefredakteurin

Titelbild: © Claudia Otto

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