Die Schnittmenge von Recht und Algorithmen galt bis vor Kurzem noch als ein exklusiver Bereich, der relevant und zugänglich nur für Rechtsinformatiker oder innovative Unternehmer war, weniger jedoch für die Organe der Rechtspflege.
Der Trend heute zeigt, dass das Interesse am Thema „Legal Tech“ seither nahezu explodiert ist. Große Fachveranstaltungen wie der Anwaltstag 2017, welcher sich mit „Innovationen und Legal-Tech“ beschäftigte, haben dazu beigetragen, dass viele deutsche Juristen inzwischen eine gewisse Vorahnung davon haben, wohin uns technische Lösungen in den kommenden Jahren führen könnten. In den Chor der Anwälte, Wissenschaftler und Vertreter der Gesetzgebungsorgane stimmen dabei zunehmend auch andere laut ein. Da sind etwa Unternehmer ohne juristischen Hintergrund, die uns vorrechnen, dass unsere Rechte und Ansprüche mehr oder weniger wert sind, als man es herkömmlich gedacht hätte. Da sind Informatiker, die nicht zuerst nach dem anwaltlichen Standesrecht fragen, sondern ohne großes Zaudern Software gestalten, die in Konkurrenz zu bestimmten Formen der klassischen Rechtsdienstleistung tritt. Und da sind auch Studenten, die sich dafür interessieren, wie sie als digital natives in naher Zukunft Konflikte lösen werden und welche Art von neuen Konflikten vielleicht noch dazukommen wird. ___STEADY_PAYWALL___
Inzwischen haben sich auch erste studentische „Legal Tech“-Initiativen gegründet, die das Bewusstsein für Effekte und Rechtsfragen der Digitalisierung – trotz der Ferne zu den Juristenausbildungsordnungen – weiter intensivieren wollen. Ein wichtiger Fortschritt, wenn man bedenkt, dass der technologische Wandel und seine Auswirkungen auf das Recht und die Rechtsdienstleistung im Rahmen der Ausbildung bisher noch keine Rolle spielt, die Mehrheit der Absolventen eines Jurastudiums aber immerhin den Beruf des Rechtsanwalts wählt. Betrachtet man zudem die aktuelle Diskussion um die Reform des Jurastudiums, fällt auf, dass das technische Verständnis, welches mehr und mehr neben juristischem Fachwissen und Methodenkompetenz notwendig geworden ist, bisher nur stiefmütterlich bedacht wurde.
Vermehrt ergreift aber die Lehre Initiativen, Digitalisierungsthemen schon im juristischen Studium zu verankern und die Studentenschaft zu begeistern um vor allem zu sensibilisieren. Im Idealfall sind Theorie und Praxis nämlich gar nicht weit voneinander entfernt. Die Möglichkeiten von Algorithmen sind begrenzt und können niemals alle Konstellationen und Situationen erkennen und regeln. Daher wird man stets gute Juristen brauchen.
Doch nicht nur hierzulande begeistert „Legal Tech“ die Menschen; am 1. Dezember 2017 fand in Moskau, genauer gesagt im russischen Silicon Valley Skolkovo, die „Skolkovo Legal Tech“ statt. Unsere Herausgeberin trat dort als Sprecherin auf und hat einige spannende Kontakte und Ideen mit nach Hause gebracht. Einen ersten frischen Blick auf neue Wege in der Gesetzgebung haben für uns Natalia Tkachenko und Svetlana Revak geworfen.
Die Rubrik „Externes Laufwerk“ ist ein Forum, das Raum für Ideen, allgemeine Stimmungsbilder und Spotlights auf Trends und Tendenzen geben möchte, die nicht unbedingt in der Rechtspraxis angelegt sein müssen. Wir möchten herzlich dazu einladen, sich grundsätzlich, kritisch und interdisziplinär mit Themen der Digitalisierung, der Zukunft des Rechts im Zuge dieser Entwicklung und den Auswirkungen technischer Innovationen auf die Rechtsberatung auseinanderzusetzen und dabei gerne auch auf wissenschaftliche Arbeiten und Projekte in diesem Themenkomplex zu verweisen bzw. aufmerksam zu machen.
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