Ri 01/2017: Wie alles begann

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Ri 01/2017: Beitrag
Guide to the Future
Der Prototyp eines automatisierten Wohnungsmietvertrags*
Claudia Otto
I. Einleitung
Der Begriff der Smart Contracts wurde bereits in den vorstehenden Beiträgen auseinandergepflückt und abgelehnt. Zu groß sind die Unterschiede dessen, was Entwickler, Juristen, Journalisten und Marketing-Profis meinen, wenn sie von Smart Contracts sprechen. Studenten, KollegInnen und MandantInnen werden verwirrt sowie Produkte angepriesen, die es so entweder nicht gibt, nicht geben wird, oder auch nicht geben darf.
Die Bestrebungen jedoch, Verträge zu kreieren, die im Rahmen von Computerprogrammen die Rechte und Pflichten der Parteien umfassend regeln und gar automatisieren, sind nicht mehr diejenigen von Science-Fiction-Autoren. Die Gründe sind vielfältig: einerseits ist es der Wunsch, mit der Zeit zu gehen, moderner als die Konkurrenz und Erfinder des Next Big Thing zu sein. Andererseits ist es auch der steigende Druck der Marktgegenseite, effizienter zu werden und natürlich eine breitere Produktpalette preiswerter anbieten zu können. Automatisierte Verträge sind auch heute schon realisierbar und haben ihre Schaffensberechtigung. Gut gestaltet können sie vorhersehbare Konflikte vermeiden, die Parteien um Pflichthandlungen und erforderliche Terminerinnerungen entlasten sowie eine zeitgemäße, geordnete Vertragsdokumentation gewährleisten. ___STEADY_PAYWALL___
Eine Blockchain und hierauf (bestenfalls) laufende Smart Contracts sind dazu weder geeignet noch erforderlich. Sie werden zum aktuellen Zeitpunkt gar für gefährlich gehalten. Der nachstehende Beitrag begründet diese Meinung kurz und führt dann am Beispiel des Wohnungsmietvertrages in die Gestaltungsmöglichkeiten eines elektronischen, (teil-)automatisierten Vertrages ein. Der Beitrag beleuchtet zudem die Möglichkeit des Vermieters, mittels Datenbank-Management-System (DBMS) nicht nur einen Wohnungsmietvertrag, sondern sämtliche laufende Mietverträge, Vertragsschlüsse sowie Wohnungsanzeigen und Maklerchatbot parallel zu verwalten. Auch wenn versucht wurde, eine sehr umfassende Ideendarstellung zu verfassen, kann dieser erste Guide für automatisierte Wohnungsmietverträge und Wohnungsverwaltung keinen erschöpfenden Charakter haben. Er bietet lediglich einen ersten Grundstein, eine Grundlage für die weitere Entwicklung der Software-, Vertrags- und Gesetzesgestaltung. Um den Papiervertrag als das am wenigsten manipulierbare Medium abzulösen, bedarf es einer gut abgestimmten Rechts- und IT-(Sicherheits-)Beratung, der Einbindung von Versicherern und natürlich tauglicher Hard- und Software.
B. Warum die Blockchain und Smart Contracts ungeeignet sind
Wie sich bereits aus den vorstehenden Beiträgen ergibt, bieten die Blockchain und auf ihr betriebene Smart Contracts für die klassischen Zwei-Parteien-Verträge keine taugliche Grundlage:
I. Die fehlende Vertraulichkeit und das Vertrauenserfordernis
Es fehlt an der vertraulichen Behandlung der dem Vertragspartner zur Verfügung gestellten, i.d.R. personenbezogenen Daten, die zur Erfüllung seiner vertraglich übernommenen Pflichten und Einforderung seiner Rechte im Rahmen des Vertragsverhältnisses notwendig oder zumindest zweckdienlich sind.
Die Blockchain ist eine einem Peer-to-Peer-Netzwerk zugrundeliegende Technologie. Die Peers bzw. Nutzer teilen Informationen um eine gemeinsame Wahrheit schaffen und aufrechterhalten zu können. Erst wenn alle Beteiligten Wissen von den auf der Blockchain gespeicherten Informationen haben, sind sie in der Lage, unerwünschte Informationen und Manipulationen an gespeicherten Informationen zu erkennen und abzuwehren.(1)
Smart Contracts sind keine Verträge, sondern lediglich auf der Blockchain (als Entwicklerplattform) laufende Computerprogramme, wobei deren „Smartheit“ weder Sinn- noch Funktionsbezug hat. Ein Smart Contract wird, jedenfalls im Falle von Ethereum, alleine durch Senden einer Message an die Adresse „0“ geschaffen. Wobei sein Erschaffer auch ein anderer Smart Contract sein kann.(2) Jegliche Prozesse, die innerhalb des Smart Contracts ablaufen, werden 1:1 durch die „Klone“ auf den Computern bzw. Servern der anderen Peers ausgeführt. (3) Die Inhalte der Datenbank des Computerprogramms Smart Contract sind dabei offen einsehbar; deren Bedeutung kann zwar vernebelt werden, eine Black Box ist jedoch unmöglich.(4)
Wenn Informationen bewusst offen mit einer großen Gruppe unbekannter Personen geteilt werden, die für deren Validität mitbürgen sollen, dann liegt schon in dieser Personenkonstruktion ein Mangel an Vertraulichkeit und Datenschutz. Im Falle des Wohnungsmietvertrages werden in der Regel folgende personenbezogene Daten der Mietpartei von der Vermieterpartei verlangt:
Vorname,
Name,
Geburtsdatum,
Voranschritt und
neue Wohnanschrift des Mieters, letztere bei
Bezeichnung des konkreten Belegenheitsortes der Wohnung im Haus,
Telefonnummer,
E-Mail-Adresse,
Kontaktdaten für die geschäftliche Erreichbarkeit, in Nebendokumenten eine
Schufa-Auskunft,
Angaben zum monatlichen Verdienst,
Familienstand.
Aus welchem Grund sollten diese personenbezogene Daten gegenüber unbeteiligten Dritten offenbart oder zumindest einsehbar bereitgestellt werden, schlimmer noch, auf deren Computern abgelegt werden? Ob Public (Unpermissioned.) oder Private (Permissioned) Blockchain, keiner der anderen Nutzer kann ausgeschlossen werden, nur weil man sie im wirklichen Leben mangels Kennen und infolge Vertrauensmangels nicht hinzuziehen würde. (5) Eine Private Blockchain ist keine in besonderer Privatsphäre verbundene Nutzermehrheit, sondern lediglich eine durch Zulassungsverfahren bestimmte Nutzermehrheit. Will man Dritte ausschließen, benötigt man kein Peer-to-Peer (P2P) System und keine Blockchain.
Blockchain und Smart Contracts machen auch das Vertrauen in den Vertragspartner nicht verzichtbar. Vertrauen ist die Erwartung, nicht durch das Handeln anderer benachteiligt zu werden; als solches stellt es die unverzichtbare Grundlage jeder Kooperation dar. (6) Die Blockchain soll dort bevorzugt eingesetzt werden, wo Vertrauen nicht vorhanden oder mangels gegenseitigen Kennens nicht denkbar ist. In klassischen Zwei-Parteien-Vertragskonstellationen hingegen ergänzt der Vertrag ein anfänglich bestehendes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien. Im Falle eines Wohnungsmietvertrages bringt der Mieter seine höchstpersönlichen Dinge, Gedanken und Äußerungen in die Räume des Vermieters ein. Der Vermieter gibt sein Eigentum vollständig in die Hände des Mieters. Würden sich die Parteien misstrauen, käme kein Vertrag zustande. Ein Intermediär (z.B. Makler) kann bei Vertragsschluss hilfreich sein, ist jedoch nicht erforderlich. Im Streitfall vermittelt das Gericht. Die Diskussion um das Herausschneiden des Intermediärs aus Mehrpersonenverhältnissen und der allgemeinen Verzichtbarkeit von Intermediären berührt klassische Zwei-Parteien-Vertragskonstellationen also nicht. Es ist nicht vorstellbar, dass mangelndes Vertrauen in eine sich als Vertragspartner anbietende Person durch eine Mehrheitsentscheidung einer unbekannten Personenmasse ersetzt wird. Der Empfänger des Vertragsangebots würde entmündigt; unfähig erklärt, einen eigenen Willen zu bilden und eine eigene Willenserklärung in Form der Annahme abzugeben.
Doch auch ungeachtet dieses Umstands ist darauf hinzuweisen, dass von den Nutzern der Blockchain-Technologie ein immenses Vertrauen in die Technologie, deren Betreiber und Entwickler sowie auf das Nichtrealisieren von Risiken verlangt wird. Ein Vertrauen, dem ausweislich des Ethereum Legal Agreements (7) kein Verantwortungsgefühl gegenübersteht. Keine Technologie verlangt so viel Vertrauen wie eine angeblich Vertrauen obsolet machen-de Blockchain.
II. Die fehlende Sicherheit
Ein höheres Maß an Sicherheit wird durch die Verwendung von Blockchain-Technologie nicht begründet. Ganz im Gegenteil: das Ablegen von Vertrags- und personenbezogenen Daten auf einer Blockchain und eine – unterstellte – Vertrags(selbst)verwaltung in Smart Contracts würden die Vertragsparteien einem hohen Sicherheitsrisiko aussetzen, auf dessen Realisierung bzw. Vermeidung sie keinerlei Einfluss haben.
1. Zentralisierung und gefährdete Netzwerkstabilität
Die Dezentralisierung eines Blockchain-basierten P2P-Netzwerks ist, jedenfalls im Falle eines Bitcoin-Designs, lediglich eine theoretische. Praktisch ist auf Netzwerkebene eine extreme Zentralisierung gegeben, die in Ermangelung der Verschlüsselung von Nachrichten zwischen den Netzknoten ein hohes Angriffsrisiko birgt. (8) Wenn Netzknoten in ein und demselben Autonomous System (AS) betrieben werden und diese erhebliche Mining-Power auf sich vereinen, ist die Stabilität des Netzwerks in hohem Maße gefährdet.(8)
2. Unreife, unerprobte Technologie
Die unreife Technologie Blockchain bedarf noch erheblicher Forschung und Entwicklung. Sie ist keine zehn Jahre alt. In Ermangelung jeglicher Erfahrung, sowie umfassender Test- und Fehlerbehebungsmaßnahmen kann niemand sagen, was alles passieren kann. Nur weil Sicherheitsmängel nicht bekannt sind, bedeutet es nicht, dass es sie nicht gibt.
3. Kryptographie ist kein Synonym für Sicherheit
Tatsächlich wird von vielen Seiten – ohne rot zu werden – behauptet, die Blockchain-Technologie sei besonders sicher. Es findet sich immer dieselbe Begründung, salopp formuliert: „Ist ja schließlich was mit Kryptographie“. Der Verzicht auf Zitate sei an dieser Stelle bitte verziehen.
Nur weil Daten in einer bestimmten Form chiffriert sind, sind sie noch lange nicht sicher. Chiffrieren, i.e. verschlüsseln kann zur Sicherheit von Daten(übertragungen) beitragen, die Daten sind wegen (irgend)einer Verschlüsselung jedoch nicht per se sicher.
Kryptologische Hashfunktionen, die auch in der Blockchain-Technologie eine erhebliche Rolle für die strukturierte und sparsame Datenspeicherung spielen,(9) sollen kollisions-resistente Einwegfunktionen sein, welche die Integrität von Daten und/oder die Urheberschaft einer Nachricht sicherstellen sollen. Kollisionsresistent bedeutet, dass ein mittels einer Hashfunktion generierter Hashwert wie ein Fingerabdruck einmalig und damit eindeutig (s)einem Bezugswert zuzuordnen ist. Erst kürzlich wurde berichtet vom Nachweis, dass der auf einem SHA-1 Hash-Algorithmus beruhende Hashwert nicht einmalig ist, sondern mehrfach generiert werden kann.(10) Damit ist es also möglich, einem System einen anderen Nachrichtenurheber oder gefälschte Daten als valide vorzugaukeln.
Eine mit dem grünen Schloss versehene Website ist nicht automatisch sicher und Datenaustausch nicht vor Einsichtnahme Dritter geschützt, weil im Adressfeld nicht http://, sondern https:// steht. Es ist trotzdem möglich, Daten, an denen Geheimhaltungsinteresse besteht, abzugreifen und zu missbrauchen.(11)
Des Weiteren sei auf die Enigma verwiesen, die Chiffriermaschine aus dem Zweiten Weltkrieg. Auch deren komplexe, für die damalige Zeit besonders fortschrittliche Verschlüsselung wurde geknackt. Zuletzt benötigten sieben Kryptologen und ein Nachbau einer Touring-Bombe, knapp fünf Stunden.(12)
Zu guter Letzt, lieber Leser, liebe Leserin, entschlüsseln Sie doch bitte die folgenden Buchstabengruppen:
BKZTCHZ NSSN
Haben Sie den Code geknackt?
Nun,
BKZTCHZ NSSN steht für
CLAUDIA OTTO.
Welcher Code, i.e. welche Verschlüsselungsregel steckt dahinter? Ganz einfach: jeder Buchstabe des Alphabets steht für den Buchstaben, der im Alphabet vor ihm steht. Des Weiteren wird vorausgesetzt, dass das Alphabet in einer Endlosschleife läuft: nach dem Z folgt wieder A. Das könnte in einer vereinfachten Chiffriermaschine aussehen wie folgt:
a Auf dem Innenring stehen die Buchstaben, welche die Buchstaben meines Namens ersetzen sollen (Codierring).
b) Auf dem Außenring stehen die Buchstaben der zu verschlüsselnden Wörter.
c) Jetzt wird der Außenring um eine Stelle nach links gedreht (Buchstabe vor Ausgangsbuchstabe).
War mein Name vor Ihnen sicher? Nein. Trotz Verschlüsselung. Verschlüsselung bedeutet nicht zugleich Sicherheit.
5. Es gibt keine per se sichere Blockchain
Die Stiftung Ethereum mit Sitz in Zug (Schweiz) geht im Gegensatz zu manch anderen offener mit bestehenden Sicherheitsrisiken um und behauptet keine Sicherheit wegen zur Anwendung kommender Krypographie. Man schließt unter, natürlich nicht abschließender, Aufzählung einiger Risiken gegenüber allen Nutzern der Entwicklerplattform die Haftung für Probleme und Schäden aus. (13) Folgende, auf das Wesentliche gekürzte Ausführungen sollte man sich langsam auf der Zunge zergehen lassen:
The user acknowledges the following serious risks (…) and expressly agrees not to hold liable Ethereum Stiftung or Ethereum Team should any of these risks occur:
-
- Risk of Regulatory Actions (…)
- Risk that the Ethereum Platform, As Developed, Will Not Meet the Expectations of User
The User recognizes that the Ethereum Platform is under development and may undergo significant changes (…)
-
- Risk of Security Weaknesses in the Ethereum Platform Core Infrastructure Software
(…) or bugs into the core infrastructural elements of the Ethereum Platform causing the system to lose ETH stored in one or more User accounts or other accounts or lose sums of other valued tokens issued on the Ethereum Platform.
-
- Risk of Weaknesses or Exploitable Breakthroughs in the Field of Cryptography
Cryptography is an art, not a science. (…) it cannot predict the future of cryptography or guaranty that any security updates will be made, timely or successful.
-
- Risk of Ether Mining Attacks
- Risk of Rapid Adoption and Increased Demand
(…) the entire Ethereum Platform could become destabilized, due to the increased cost of running distributed applications. (…) which could result in the business being unable to continue to operate economically or to cease operation.
-
- Risk of Rapid Adoption and Insufficiency of Computational Application Processing Power on the Ethereum Platform
(…) This would represent revenue losses to businesses or worst case, cause businesses to cease operations because such operations have become uneconomical due to distortions in the crypto-economy.
Acknowledgment, Acceptance of all Risks and Disclaimer of Warranties and Liabilities THE USER EXPRESSLY KNOWS AND AGREES THAT THE USER IS USING THE Ethereum PLATFORM AT THE USER’S SOLE RISK. THE USER REPRESENTS THAT THE USER HAS AN ADEQUATE UNDERSTANDING OF THE RISKS, USAGE AND INTRICACIES OF CRYPTOGRAPHIC TOKENS AND BLOCKCHAIN-BASED OPEN SOURCE SOFTWARE, ETH PLATFORM AND ETH. (…)
Knapp zusammengefasst beinhaltet die Nutzung einer Blockchain, und diese Risiken sind nicht Ethereum-spezifisch, ein derart extrem hohes Sicherheitsrisiko, dass vorsorglich jegliche Haftung ausgeschlossen und dem Nutzer im Schadensfall die gerichtliche Überprüfung des „Legal Agreements“(13) aufgelastet wird.
Wie kann und soll ein Nutzer ein hinreichendes Verständnis der Risiken bei Verwendung einer unerprobten, sich ausdrücklich in der Entwicklung befindlichen Technologie und zudem Kenntnis der Feinheiten kryptographischer Token erklären, wenn Kryptographie selbst als Kunst, nicht als Wissenschaft bezeichnet wird?
III. Die Ewigkeit personenbezogener Daten auf fremden Speichermedien
Es wurde aufgezeigt, dass Informationsinhalte auf der Blockchain geteilt werden und nicht vollständig der Kenntnis der anderen Nutzer entzogen werden können. Personenbezogene Daten werden in einer Art und Weise verarbeitet, die gegen das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verstößt. Wo fortwährend behauptet wird, die Daten seien verschlüsselt und daher vor Einsichtnahme Dritter sicher, wird nicht über die tatsächliche Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten aufgeklärt. Es wird noch einmal darauf hingewiesen, auf jedem mit dem P2P-Netzwerk verbundenen Gerät werden sämtliche Transaktionsdaten verarbeitet. Ein Smart Contract führt auf jedem Gerät in exakt gleicher Weise Befehle aus.(14) Eine gesetzliche Erlaubnis zum Verarbeiten personenbezogener Daten auf Computern und Servern einer gesichtslosen Personenmehrheit ist nicht erkennbar. Einer vom Gesetz gestatteten Verarbeitung im Auftrag (§ 11 BDSG) steht die unbekannte oder nur verschleierte Identität der anderen Nutzer im Weg. Wie soll der Auftraggeber (Vermieter) seiner in § 11 Abs. 1 S. 1 BDSG ausdrücklich zugewiesenen Verantwortung für die Einhaltung der Datenschutzvorschriften gerecht werden, wenn er nicht einmal weiß, wen er überwachen soll? Eine freiwillige Einwilligung des Betroffenen gemäß § 4 Abs. 1 BDSG ist in Ermangelung korrekter und unzureichender Aufklärung darüber, was mit seinen ihn betreffenden Daten geschieht, nicht möglich.
Es ist zudem gemäß § 5 BDSG den bei der Datenverarbeitung beschäftigten Personen unter-sagt, personenbezogene Daten unbefugt zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen (Datengeheimnis). Diese Personen sind, soweit sie bei nicht-öffentlichen Stellen beschäftigt werden, bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit auf das Datengeheimnis zu verpflichten. Das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit fort. Sind Vertragspartner wie etwa Mieter, deren personenbezogene Daten auf einer Blockchain verarbeitet und auf jedem Gerät einer gesichtslosen und wechselnden Personenmehrheit ebenfalls verarbeitet werden, weniger schutzbedürftig, nur weil alle anderen Nutzer ein Interesse an Pseudonymität, gar Anonymität haben? Nein.
Erschwerend kommt das Append-Only-Feature der Blockchain hinzu. Änderungen sind nur vorwärts, d.h. durch Anfügen eines neuen Blocks mit der die neuen Informationen enthaltenden Transaktion möglich. Ungeachtet der Manipulationsmöglichkeiten ist es also vom Design her nicht vorgesehen, einmal auf der Blockchain gespeicherte Informationen wieder zu löschen. Jeder jemals getätigte Eintrag (kann) in einem Blockchain-Verzeichnis für immer nachvollzogen und nicht gelöscht oder verändert werden.(15) Würden Wohnungsmietverträge und sonstige Verträge, die personenbezogene Daten beinhalten und einer natürlichen zeitlichen Begrenzung unterliegen, auf einer Blockchain verarbeitet, könnten sie nie vernichtet werden. Wie sollen hier Löschpflichten nach §§ 20, 35 BDSG erfüllt werden? Wie soll eine nach § 20 Abs. 3 Nr. 3 bzw. § 35 Abs. 3 Nr. 3 BDSG erforderliche Sperrung vollzogen werden, weil die Löschung von personenbezogenen Daten auf der Blockchain wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist?
Ein auf Blockchain basierendes P2P-Netzwerk ist ein völlig ungeeignetes Medium für die Automatisierung von Wohnungsmietverträgen.
B. Realisierbarkeit automatisierter Verträge, insbesondere Wohnungsmietverträge
Es existieren viele Möglichkeiten der technischen Umsetzung mit relationalen Datenbanksystemen, natürlich auch bessere wie schlechtere Alternativen. Oft werden Kostenfaktoren bestimmen, welche Form der Realisierung automatisierter Verträge in Auftrag gegeben und wer die Entwicklung sowie Wartung übernehmen wird. Im Nachstehenden kann also nur ein vereinfachtes Grundmodell mit den wesentlichen Anforderungen entworfen und beschrieben werden, was bei einer Realisierung automatisierter Wohnungsmietverträge zu beachten ist.
Es sollte auch klargestellt werden, dass es keine Vollautomatisierung geben kann. Umstände der realen Welt können nur bedingt, z.B. über Sensoren (etwa für die Messung von Wandfeuchtigkeit) oder durch regelmäßige Abfragen von etwa elektronischen und regel-mäßig aktualisierten Mietspiegeln, festgestellt und im Rahmen des Vertragscomputerprogramms verarbeitet werden. Zumeist, gerade dann wenn die Privats- und Intimsphäre des Mieters beeinträchtigt bis ausgespäht würde, ist eine Eingabe durch die betroffene Person die rechtssichere Variante.
Ob diejenige Person menschliche Vertreter oder elektronische Übermittler von Willenserklärungen nutzt, ändert nichts an der eigentlich nur möglichen Teilautomatisierung.
C. Prototyp eines automatisierten Wohnungsmietvertrages
I. Vertrags“form“
Ein wie hier beschriebener automatisierter Mietvertrag ist im Grunde auch nur Software. Software ist ein Sammelbegriff für die Gesamtheit der Programme, die zugehörigen Daten und die notwendige Dokumentation, die es erlauben, mit Hilfe eines Computers Aufgaben zu erledigen.(16) Die Vertragssoftware unterliegt dabei, wie jede andere Software auch, dem klassischen Lebenszyklus, i.e. den Phasen der Entwicklung, Nutzung, Sanierung und ggf. der Aussonderung bzw. Ersetzung durch eine bessere Alternative.(17)
Die Vertragssoftware muss für beide Parteien gleichermaßen zugänglich und bedienbar sein. Beide Vertragsparteien sind Aufgabensteller. Die Aufgabenerledigung durch den Computer wirkt sich dabei stets (auch) auf die andere Vertragspartei aus. So wie das deutsche Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine ausgewogene Risikoverteilung zwischen den Parteien sicherstellen soll, übernimmt im Rahmen eines automatisierten Mietvertrages die Software die Risikoverteilung, in dessen Rahmen der Computer die Vertragsverwaltung ausführt.
Die Vertragssoftware muss jederzeit in vollständiger, menschenlesbarer und -verständlicher Form exportiert werden können. Dem Mieter darf nicht die Interpretation des Computer-codes aufgelastet werden. Möchte er beispielsweise nicht von der Vertragssoftware geregelte Rechtsfragen durch ein Gericht klären lassen, so muss es ihm möglich sein, den Vertrag in einer auch dem Richter lesbaren und verständlichen Form vorlegen zu können. Das Dokumentenformat muss gängig sein, wie etwa PDF, XML standardmäßig verfüg- und lesbar.
II. Vertrags“betriebsort“
Mieter und Vermieter nutzen gemeinsam eine Software, die auch ein Vertrag über eine Wohnung ist. Da sie selten in derselben Wohnung leben und dem anderen keinen Zugriff auf ihre eigenen Rechner einräumen wollen, müssen sie also von mindestens zwei voneinander unabhängigen Geräten auf die Vertragssoftware zugreifen können. Die Vertragssoftware wird hier nur ein Teil eines Datenbank-Management-Systems (DBMS), mit eigenen Regeln, wer wann Zugriffs- und Änderungsrecht an den gemeinsam verwalteten Daten hat. Es ist sicher-zustellen, dass Dritte von Zugriff und Änderungen ausgeschlossen sind. Personenbezogene Daten müssen im Einklang mit den Datenschutzvorschriften erhoben, verarbeitet und genutzt werden. Sicherungsstrategien, Back-ups, für alles muss gesorgt sein.
Naheliegend ist, dass der Vermieter bei Abschluss eines automatisierten Wohnungsmietvertrags nicht nur die Einräumung des Besitzes an der Wohnung schuldet, sondern, bei Fordern des Abschlusses eines automatisierten Mietvertrages, auch die Bereitstellung der Vertragssoftware zur Nutzung. Gewerbliche Vermieter könnten bei großem eigenen Wohnungsportfolio Interesse daran haben, dass die Software auf einer eigenen IT-Infrastruktur läuft. Dem Mieter könnte dann ein Zugriff ausschließlich auf die für diese eine konkrete Wohnung vorgesehene Vertragsdatenbank und -software eingeräumt werden. Hier muss in jedem Fall dem Mietvertragsabschluss über die Wohnung ein (Miet-)Vertragsabschluss über die Nutzung der Vertragssoftware vorgeschaltet werden.
Schwieriger wird es hingegen, wenn ein Dritter, etwa Cloud-Anbieter als „Vertragsdatenmanager“ und damit Intermediär zwischengeschaltet wird. Mancher Vermieter, ob gewerblich oder nicht, traut sich die Auflastung zusätzlicher Verantwortung und Schaffung einer weiteren Haftungsgrundlage nicht zu. So ist anzunehmen, dass dritte Cloud-Dienstleister sowohl Infrastruktur (IaaS) als auch Software (SaaS) dem Mieter und Vermieter zur Verfügung stellen. Der Vorteil ist die Bündelung von technischem Fachwissen und damit das Entfallen eines zusätzlichen Software-Wartungsvertrags. Wesentlicher Nachteil ist natürlich der Verlust der Datenhoheit. Vertrauen in den Infrastruktur- und Softwareanbieter muss von Mieter und Vermieter aufgebracht werden. Die Verträge müssen rechtssicher ausgestaltet sein.
III. Skizze des automatisierten zyklischen Prozesses der Wohnungsvermietung
Die Vermietung eines Objekts ist zyklisch. Sie beginnt mit der Bewerbung des Objekts, um Mietinteressenten hierauf aufmerksam zu machen. Dann erfolgt ein durch Makler, Vermieter oder Vermietervertreter begleiteter Besichtigungsprozess. Hiernach beginnen ggf. ebenso fachkundig begleitete Vertragsverhandlungen. Der Vertragsabschluss ist relativ einfach und erfolgt in der Regel durch Unterschrift auf einem identischen Vermieter- und Mietervertragsexemplar. Bei der Wohnungs- und Schlüsselübergabe dokumentieren die Parteien, selbst oder durch Vertreter, bestehende Mängel und vertragsrelevante Zustände. Sobald eine Kündigung erfolgt, müssen wieder neue Mietinteressenten angesprochen werden. Sobald diese gefunden sind, tritt man wieder in den Besichtigungsprozess ein, der ggf. in Vertragsverhandlungen etc. mündet. Der Zyklus beginnt also von vorn.
Dieser beschriebene Vermietungszyklus beinhaltet wiederholte hohe Aufwendungen, hohe Kosten und Ineffizienzen, die durch elektronische Datenverarbeitung stark reduziert bis vermieden werden können. Doch wie kann der gesamte Prozess einer Wohnungsvermietung, von der Anzeige über den Abschluss eines elektronischen, automatisierten Mietvertrages bis hin zur Vertragsbeendigung aussehen.
Denkbar ist ein wie nachstehend skizziertes Datenbank-Management-System (DBMS) ähnlich einem Client-Relationship-Management-System (CRMS), in dem der Vermieter verschiedene (Vertrags-)Datenbanken, gemeinsam mit den jeweiligen Mietparteien unter Ausschluss Dritter verwalten kann. Die im Datenbank-Management-System enthaltenen Datenbanken können parallel oder aufeinanderfolgend verwaltet werden.
1. Die automatisierte Anzeige
Obwohl die Wohnungsanzeige dem Vermietungsprozess vorgeschaltet ist, erlaubt ein Daten-bank-Management-System eine zyklische Wohnungsverwaltung von Anzeige zu Anzeige. Sobald die Software „weiß“, dass ein bestehender automatisierter Wohnungsmietvertrag enden wird, ist sie, bei automatisierter Wohnungsverwaltung, in der Lage, die Aufgabe der Erstellung einer Wohnungsanzeige zu triggern, i.e. zu veranlassen. Dabei kann sie, neben den klassischen Eckdaten einer Wohnung auch den Sanierungs- und Renovierungsstand, ggf. Modernisierungsbedarf konkret erfassen, einen aktuellen Marktpreis unter Einbeziehung aktueller Mietspiegel berechnen und vom aktuellen Mieter automatisch die erforderlichen Zustimmungen einholen.
2. Der Makler-Chatbot
Chatbots werden bereits heute in vielen Branchen eingesetzt, um effizienteren und individualnachfrageorientierten Kundenservice bieten zu können. Diese Chatbots erlauben eine auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene Betreuung jederzeit, an jedem Ort und im Grunde: open end. Der teure Makler wird ebenfalls in absehbarer Zeit durch Chatbots ersetzt werden. Ein Chatbot kann ebenfalls die Anbahnung eines Wohnungsmietvertrags übernehmen, z.B. Fragen zur Wohnungsanzeige beantworten, die Besichtigung koordinieren, begleiten und Informationsgespräche umfassend dokumentieren.
Der Chatbot könnte im Rahmen einer Virtual-Reality-Anwendung, bei vermieterseits geplanten Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Rahmen einer Augmented-Reality-Anwendung zum Tragen kommen. Der Mietinteressent muss keine Reisekosten aufwenden, sondern kann die Wohnung orts- und zeitunabhängig besichtigen. Der aktuelle Mieter muss keine störenden Besichtigungen seiner intimen Räumlichkeiten durch zahlreiche Mietinteressenten hinnehmen, allenfalls eine einmalige Besichtigung und Vermessung der Wohnung durch den Vermieter. Die virtuelle Raumgestaltung und Entfernung der persönlichen Note kann sodann durch Software erfolgen. Das Besichtigungs- und Betretungsrecht des Vermieters sowie das Besitzrecht des Mieters können so angemessen in Ausgleich gebracht werden. Zusatzinformationen, wie z.B. Mängel, die vom Mieter gemeldet werden müssen und damit in der Mietvertragsdatenbank hinterlegt sind, können ebenfalls von der Software berücksichtigt werden.
Das Interesse des potentiell neuen Mieters an Informationen zum aktuellen Wohnungszustand kann durch eine genaue Mängeldokumentation und eine Timeline befriedigt wer-den, die den zeitlichen Verlauf der Modernisierungs-, Sanierungs- und Renovierungsmaßnahmen in den letzten Jahren dokumentiert. Persönliche Empfindungen dahingehend, dass die Wohnung aktuell nicht schön gestrichen sei, können noch immer durch eine aufwändige, reale Wohnungsbesichtigung befriedigt werden. Ob der Mietinteressent jedoch den Zeitaufwand wirklich riskieren möchte, derweil hunderte konkurrierende Mietinteressenten die Wohnung ungeachtet etwaiger Schönheitsfehler sofort anmieten würden, ist zumindest fraglich. Der Vermieter, der umfassende und korrekte Angaben macht, die für eine informierte Mieterentscheidung für oder gegen die Wohnung ausreichen, entlastet sich um Diskussionen, Arbeitsaufwand und damit Zeitverschwendung.

Grafik (C. Otto)
Wichtig anzumerken ist hier, dass ein gegenüber Dritten zur Anwendung kommender Chat-bot nicht direkt mit der Vertragsdatenbank interagieren darf. Ein Einfallstor für Schadsoftware und Möglichkeiten des Zugriffs auf persönliche Mieterdaten darf nicht geschaffen werden. Die personenbezogenen Daten des Mieters müssen von den sachbezogenen Wohnungsdaten sauber getrennt werden. Denkbar ist, die sachbezogenen Wohnungsdaten in Kopie in einer von der Vertragsdatenbank getrennten Wohnungsdatenbank abzulegen, auf den die Chatbot-Software zugreifen kann (siehe Grafik).
Mietinteressenten sollten zudem bei Verwendung eines Chatbots vor der Kontaktaufnahme ausführlich und korrekt darauf hingewiesen werden, was mit ihren ggf. angegebenen persönlichen und damit personenbezogenen Daten geschieht. Menschen sind mitteilungsfreudig. Zum Schutze des neuen Mieters sollte der Chatbot jedoch selbst nicht am Vertragsabschluss beteiligt sein. So kann gewährleistet werden, dass der Chatbot stets ausschließlich sachbezogene Daten bezieht und verarbeitet. Etwaig eingegebene personenbezogene Daten müssen in jedem Fall gelöscht werden können.
3. Konkrete Dokumentation des Wohnungszustands
Statt nur wortgenauer Beschreibung der Wohnungslage im Mietvertrag selbst ist es möglich, eine bis zur Perfektion konkrete Wohnungsbeschreibung aktuell und dauerhaft vorzuhalten. Die Wohnungsdatenbank, die Kopien sämtlicher sachbezogenen Daten aus der Vertragsdatenbank bezieht, erlaubt über ein konkretes Mietverhältnis hinaus eine fortgesetzte und genaue Dokumentation des Wohnungszustandes zu einem bestimmten Zeitpunkt. Somit kann, dank Kopien der sachbezogenen Daten aus der Wohnungsdatenbank des vorherigen Mieters, der Zustand der Wohnung vor bzw. bei Übergabe auch im Mietvertrag mit einem neuen Mieter genau festgehalten werden. Ein handschriftliches Protokoll würde obsolet.
4. Getrennte Verwaltung und Löschung personenbezogener Daten
Wie die vorstehende und nachfolgende Grafik vereinfacht zeigen, werden die Mieterdaten und damit personenbezogenen Daten zwar in der Vertragsdatenbank gespeichert um den Zweck des Mietvertrages zu erfüllen. Sie werden jedoch strikt getrennt von den sachbezogenen Daten. Nur so ist sichergestellt, dass eine Vermischung mit sachbezogenen Daten nicht stattfindet und personenbezogene Daten nicht in die Hände Dritter geraten. Die Wohnungsdatenbank des Vermieters, auf die auch der Mieter nicht zugreifen kann, kann und darf dementsprechend keine Mieterdaten enthalten. Durch die Trennung in der Vertragsdatenbank wird sichergestellt, dass Kopien von sachbezogenen Daten, die in die Wohnungsdatenbank übernommen werden, keine personenbezogenen Mieterdaten enthalten.
Die nach Vertragsbeendigung ggf. noch einmal aktualisierte Kopie der sachbezogenen Daten wird von der Wohnungsdatenbank in die Vertragsdatenbank des neuen Mietvertrags kopiert.
Die personenbezogenen Daten des vorherigen Mieters werden gelöscht, sobald alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Mietvertrag erfüllt, bzw. erledigt sind.

Grafik (C. Otto)
5. Vertragsbaukasten anstatt mündliche Vertragsverhandlungen
Ein automatisierter Mietvertrag zum Zwecke des effizienteren Vertragsmanagements macht nur bedingt Sinn, wenn sämtliche Vorgänge und Erklärungen des Mieters zunächst in Papier- oder Textform dokumentiert und dann händisch in die Vertragsdatenbank eingegeben werden. Klüger ist es, dem zukünftigen Mieter Zugriff auf eine für ihn neu eingerichtete Vertragsdatenbank zu gewähren und ihn hier durch eine Art Baukastensystem zu lotsen, welches Entscheidungen im Rahmen eines vermieterseitig voreingestellten Spielraums zulässt.
Zu berücksichtigen ist freilich stets die gesetzliche Einschränkung: „Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“ Dennoch, dem faulen oder zeitarmen zukünftigen Mieter kann über eine Shortcut-Lösung der lange Entscheidungsweg verkürzt werden. Möchte er (wie regelmäßig der Fall) den Vertragsinhalt nicht vollständig im Detail durchprüfen und durchverhandeln, sondern ihn im Vertrauen auf Rechtmäßigkeit nur über-fliegen, kann er die Option „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ (AGB) wählen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß § 305 Abs. 1 S. 1 BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. In diesem Fall muss er lediglich seine persönlichen Daten angeben und den voreingestellten Mietvertragskonditionen, die ihm sodann im Fließtext angezeigt werden, zustimmen. Natürlich kann der Vermieter als AGB-Steller und somit Verwender die Allgemeinen Geschäftsbedingungen so gestalten, dass bei Wahl der AGB-Option die im rechtlich zulässigen Rahmen für den Vermieter günstigsten Vertragsvereinbarungen getroffen werden.
Wie könnte das User Interface des Vertragsbaukastens auf Mieterseite aussehen?

Grafik (C. Otto)
Angenommen, der Zugriff findet über das Smartphone statt und die Software ist leicht und übersichtlich aufgebaut. Der User wird durch ein logisch aufgebautes Frage-Antwort-System gelotst. Über die Wohnung, die Gegenstand des Mietvertrags sein soll, ist man sich bereits einig. Daher ist hier die Entscheidungsoption „Wohnung“ grün markiert. Die Mieterzustimmung kann durch ein „Gefällt mir“ kenntlich gemacht werden.
Bevor nun der Mieter in die erkennbar komplexere Vertragskonditionenwahl (Wohndauer, Miethöhe, Mieterpflichten) einsteigt, kann ihm die Möglichkeit der Bestätigung des Basis-Mietvertrags, etwa mit „Gefällt mir“, eingeräumt werden. Der Basis-Mietvertrag wären in diesem Fall allgemeine Geschäftsbedingungen des Vermieters, ausgehend davon, dass eine Vertragssoftware für nur einen einzigen Mietvertrag nicht lohnt. § 305 Abs. 2 BGB be-stimmt, dass allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann Bestandteil eines Vertrags werden, wenn der Verwender (hier der Vermieter) bei Vertragsschluss
1. die andere Vertragspartei ausdrücklich (…) auf sie hinweist und
2. der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, (…), von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.
Wie in der vereinfachten Grafik dargestellt, könnte der zukünftige Mieter durch eine deutlich hervorgehobene Warnung vor dem möglichen Bestätigen mit „Gefällt mir“ auf die AGB hingewiesen werden. Bei Klick auf das Warnfeld könnte sich ein schlichtes Textdokument öffnen, in dem der Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen und der vollständige Vertragstext enthalten ist. Der zukünftige Mieter kann dann, wie so oft, sich bis an das untere Ende wischen und dort die Kenntnisnahme der AGB bestätigen. Erst hiernach ist das Bestätigen des Mietvertrags mit „Gefällt mir“ möglich. Der AGB-Text bleibt über die Vertrags-software stets abrufbar.
Wählt der zukünftige Mieter den längeren Weg und nutzt den ihm jeweils eingeräumten Entscheidungsspielraum, handelt es sich nicht mehr um allgemeine Geschäftsbedingungen. Das vereinbarte Ergebnis ist nicht mehr vorformuliert vonseiten des Vermieters. Nehmen Sie folgendes Beispiel:
Der Wohnungsmietvertrag sieht etwa für diverse Mängel Vereinbarungsoptionen für die automatische Mietminderung vor. Der Vermieter hat sich rechtlich umfassend beraten lassen und hat aufgrund einer Entscheidung des Landgerichts Berlin(18) folgende Mängel erfasst und die Minderungshöhe (begrenzt) zur Disposition des Mieters gestellt:
- Ausfall der Wasserversorgung: bis 20 % Mietminderung
- Ausfall der Gasversorgung für den Herd: bis 10 % Mietminderung
In der Vertragssoftware würde dies etwa wie folgt dargestellt mit einem Schieberegler. Eine Vereinbarung käme bis 20 % bzw. 10% zustande.

Grafik (C. Otto)
Einwenden könnte man an dieser Stelle, jeder Mieter wird die maximale Minderungsmöglichkeit ausschöpfen wollen. Wenn der Regler sich nur bis zur festgelegten Grenze verschieben lässt, oder gar rot färbt, erkennt der Mieter die höchstmögliche Minderungsmöglichkeit. Entfernt der Vermieter die Möglichkeit der Erkennung, läuft er Gefahr, zu keinem einzigen Mietvertragsabschluss mehr zu kommen. Um dieses Risiko auszuschließen, könnte wieder eine Warnung vorgesehen werden, die dem Mietinteressenten signalisiert, dass er damit den Mietvertragsabschluss riskiert. Er wird anschließend die Minderung wesentlich niedriger ansetzen.
Will der Mietinteressent partout Konditionen durchsetzen, die außerhalb des für den Vermieter vorgesehenen, akzeptablen Rahmens liegen, kommt kein Mietvertrag zustande. Der Vermieter kann in diesem Fall sofort weitersuchen. Die Vermietungssoftware erlaubt ihm, wie bereits ausgeführt, eine schnelle Anzeigenschaltung. Der Chatbot-Makler ist zudem sofort betriebsbereit und hat keine Probleme wegen vorangegangener, unvergütet gebliebener Leistungen (vgl. § 652 Abs. 1 BGB).
IV. Die Schriftform
Unbefristete Wohnungsmietverträge bedürfen keiner Form und stellen keine Schwierigkeit für ihre Automatisierung dar. Die Textform ist zu Beweiszwecken günstig. Der vereinbarte Vertragstext sollte daher für beide Parteien menschenlesbar und in einem exportierbaren,
gängigen Dateiformat vorliegen. Befristete Mietverträge hingegen müssen schriftlich geschlossen werden, §§ 550, 575 Abs. 1 BGB. Gemäß § 126a BGB kann die Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden, d.h. beide Vertragsparteien müssen jeweils ein gleich-lautendes elektronisches Dokument mit ihrem Namen und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen.
Angenommen, das sowohl auf dem Gerät des Vermieters, als auch das vom Mieter exportierte Dokument mit dem vollständigen und lesbaren Vertragstext wird von jeder Partei wie vorgeschrieben mit Namen versehen. Das wesentliche Hindernis wird jedoch die qualifizierte elektronische Signatur für den Mieter als Verbraucher sein. Um ein Dokument qualifiziert elektronisch zu signieren, ist ein persönlicher und geheimer Schlüssel erforderlich. Dieser befindet sich (zumeist aber nicht zwangsläufig zusammen mit dem öffentlichen Schlüssel und dem Zertifikat) auf einer sicheren Signaturerstellungseinheit – in Deutschland einer Signaturkarte.(19)
Zum aktuellen Zeitpunkt ist nicht anzunehmen, dass Verbraucher über „passende“ Signaturkarten wie etwa weit akzeptierte Kreditkarten verfügen werden. Zertifizierungsdiensteangebote sind zwar überschaubar, jedoch ausweislich der hohen Zahl an beendeten und von der Bundesnetzagentur untersagten Angeboten nicht von Dauer. (20) Die Gefahr ist hoch, dass Vertragsübereinkommen bereits an der fehlenden kompatiblen Verschlüsselungstechnologie auf beiden Seiten scheitern. Die rechtswirksame Realisierung eines befristeten Wohnungsmietvertrages in einfacher elektronischer Form ist nicht möglich. Jedoch kann man, beachtet man die Vorgabe der jederzeitigen und leichten Exportierbarkeit eines vollständigen Vertragstextes, den automatisierten Wohnungsmietvertrag um zwei gleichlautende, Exemplare ergänzen, die von beiden Parteien handschriftlich unterzeichnet werden.
V. Risiken der Akzeleration von Wohnungsvermietung
Wird es dem Anwender leicht gemacht, stellt er das Denken ein.
Es ist das eine, als Vermieter dem Mieter Allgemeine Geschäftsbedingungen anzubieten, wenn dieser das individuelle Vereinbaren von Vertragsbestimmungen als zu aufwändig empfindet. Doch auch der Vermieter wird angesichts des hohen Investitionsbedarfs an Zeit und Kosten für Entwicklung, Rechtsberatung, Wartung etc. und der zusätzlichen Verantwortung für Softwareverfügbarkeit sowie IT-Sicherheit Wege der Vereinfachung und vermeintlichen Haftungsverlagerung suchen. Zudem dürften (Unter-)Vermieter durch die mit der Automatisierung einhergehende starke Reduzierung von Arbeits- und Zeitaufwand verleitet sein, neue Geschäftsmodelle ähnlich eines finanziell wesentlich vorteilhafteren Bienenstockbetriebs auf- und ausbauen wollen. Es ist vorstellbar, dass es zukünftig Plattformen ähnlich der von Airbnb gibt, die jedoch die Vertragspartner nicht nur vermitteln, sondern durch „Softwaremietmietverträge“ auf (mit-)bestimmte Dauer miteinander verbinden. Den (Unter-)Vermietern fehlt es infolge der Vereinfachung und Beschleunigung des Abschlusses von Mietvehältnissen dann an rechtlicher Beratung und Kunde, um aus einer Zahl von vorgefertigten Standardmietverträgen den passenden auszuwählen und rechtlich einwandfrei zu konfigurieren. Die (Software-as-a-Service-)Anbieter werden sich im Zweifel in bloß allgemeine Hinweise auf etwaiges Bestehen lokaler bau-, gewerbe- und steuerrechtlicher Gesetzesvorgaben flüchten.
Die Entwicklungen des sog. Internet of Things (IoT) haben gezeigt, dass die Begeisterung über heutiges technisches Können das Hinterfragen des rechtlichen Dürfens und das Befassen mit praktischen und rechtlichen Risiken ausschalten. Rechtssicherheit und Sicherheit werden erst hinterfragt, wenn der Schadensfall eingetreten und spürbar ist.
Bis zu diesem Zeitpunkt trägt der Anwender neuer Technologien die rosarote Brille. Die Entwicklung von Verträgen vom Medium Papier hin zum digitalen Medium schafft neue Risiken, die heute noch nicht absehbar sind. Keine Lösung darf der vollständige Ausschluss jeglicher Haftung sein.
VI. Verfälschungsresistenz des automatisierten Wohnungsmietvertrages
Papierverträge sind deshalb das verlässlichste Medium für Verträge, weil die enthaltenen Vereinbarungen nur sehr schwer mit Erfolg manipuliert werden können. Der Vertragspartner verfügt stets über den Originalvertragstext mit der Unterschrift des manipulierenden Vertragspartners.
Wie stellt man bei einem rein in elektronischer Form vorliegenden Vertrag sicher, dass dieser nicht einseitig oder gar von dritter Seite manipuliert werden kann?
Eine einfache Möglichkeit ist die Einräumung von Berechtigungen zur Benutzung der Vertragssoftware sowie der enthaltenen Vertragsdatenbank.
Üblich sind folgende Abstufungen:
- Administrator mit umfassenden Änderungsrechten
- Benutzer mit eingeschränkten, konkreten Änderungsrechten
- Gast mit ausschliesslich Read-only-Berechtigung.
Im Falle eines automatisierten Mietvertrages wäre es sinnvoll, sowohl Vermieter als auch Mieter mit Benutzerrechten auszustatten. Die Änderungsrechte werden nur im anfänglich vorbestimmten, vereinbarten Rahmen ausgeübt. Typische Änderungsrechte wären hier Eingaben beider Parteien zur Geltendmachung von Rechten bzw. Einforderung von vereinbarten Pflichten des Vertragspartners.
Administratorenrechte sollten gemeinsam, oder durch einen von beiden Parteien bestimmten Fachkundigen ausgeübt werden: so etwa im Falle eines schweren Fehlers, der die Interessen beider Parteien negativ berührt, bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar war und daher nicht als „Feature“ des Vertrags angesehen werden kann. Hierbei dürfte es sich um einen Fall der Störung der Geschäftsgrundlage handeln (§ 313 BGB), weil sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten.
Ist die Fehlerbehebung auch durch einen Fachkundigen nicht möglich, macht auch ein Administratorenrecht einer Partei allein keinen Sinn. In dieser Situation muss die vom automatisierten Vertrag benachteiligte Partei unabhängig von der Software vom Vertrag zurücktreten können, § 313 Abs. 3 BGB. In diesem Fall besteht schlicht ein mündlicher Wohnungsmietvertrag mit dem Inhalt der über die Vertragssoftware vereinbarten Vertragsbedingungen fort. Wurde auf beiden Seiten der Vertragstext nicht exportiert und lokal abgespeichert, besteht noch immer die Möglichkeit der forensischen Untersuchung und Auswertung der fehlerhaften Datenbank(en).
Gastrechte sollten jederzeit von beiden Vertragsparteien erteilt werden können, etwa Eltern, zuziehenden Lebensgefährten, Rechtsanwälten oder Richtern. Die reine Leseberechtigung entspräche dem Zeigen oder Überreichen des Papiervertrages, im Original oder in Kopie.
VII. Gebot geringstmöglicher Vernetzung und CyberrisikoVersicherung
Elektronische Mietverträge in reiner Textform, ohne jede Automatisierung, benötigen keine Cyber-Versicherung. Übermittelt eine Partei ihre Vertragserklärung mit personenbezogenen Daten unverschlüsselt über das Internet, ist dies ihre freie Entscheidung und ein bewusst selbst eingegangenes Risiko. Es ist zudem zumutbar, dem Vertragspartner vorab mitzuteilen, dass ausschließlich eine verschlüsselte Übermittlung vertragsrelevanter Informationen, oder eben doch der Postweg gewünscht ist. Diese Form des Wohnungsmietvertrags verspricht jedoch keine wirklichen Vorteile gegenüber dem schriftlichen Mietvertrag. Der Reiz automatisierter Verträge ist die dauerhafte Reduzierung von Verwaltungsaufwand und Kosten.
Das mit diesem Beitrag vorgeschlagene Modell eines automatisierten Mietvertrags versucht von Vornherein bekannte Risiken und Gefahren zu berücksichtigen und Ansätze vorzuschlagen, wie diese reduziert bis ausgeschlossen werden können. Eine absolute Sicherheit kann jedoch nie garantiert werden. In Anbetracht der existentiellen Bedeutung der Wohnung und ihrer Unverletzlichkeit gemäß Art. 13 Grundgesetz (GG) ist es daher wichtig, Wohnungsmietverträge so zu gestalten und in ihrem neuen Medium Internet so sicher zu integrieren, dass unbefugte Dritte keinen Zugriff auf die personenbezogenen Daten (Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), die Privat- und Intimsphäre (allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) sowie das Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) des Mieters erlangen können. Wegen der großen Bedeutung der betroffenen Grundrechte, die mittelbar auch im direkten Verhältnis Mieter-Vermieter Geltung finden, muss das verbleibende Restrisiko durch eine taugliche Versicherung aufgefangen werden.
Grundsätzlich sollte für jede Vertragsautomatisierung gelten, die Vernetzung der Vertrags-software mit anderen externen Datenbanken so gering wie nur möglich zu halten um nicht mehr Risiken zu schaffen als nötig. Je mehr „Türen“ zu anderen Anbietern eingebaut werden, desto mehr Abhängigkeit besteht von deren Systemen und dem bloßen Vertrauen auf deren Sicherheit. Je mehr Türen die Vertragssoftware enthält, desto mehr Türen können durch falsche oder unbefugt erlangte Schlüssel geöffnet werden. Verschlüsselung ist kein Garant für Sicherheit, wie bereits oben dargelegt wurde.
Beachtet man dies ist auch das zu versichernde Risiko besser eingrenzbar. Viele Risiken einer Fehlfunktion können Rechtsschutzversicherungen übernehmen, etwa wenn die bei Vertragsschluss vereinbarte, automatisierte Realisierung von Ansprüchen nicht mehr möglich ist und der Vertragspartner infolge oder trotz des technischen Problems auch die „manuelle“ Anspruchserfüllung verweigert. Der Rechtsweg kann durch Vertragsautomatisierung nicht (wirksam) ausgeschlossen werden.
Sieht der Wohnungsmietvertrag eine elektronische und nur über vom Vermieter (gesondert) bereitgestellte Software bedienbare Öffnungs- und Schließmöglichkeit der Wohnung vor, ist eine Cyber-Versicherung als ein Spezialfall der Haftpflichtversicherung zwingend. Der Mieter muss vor ihn in seinem Besitzrecht bedrohenden Beeinträchtigungen durch Ausnutzen von Sicherheitslücken oder sonstigen Angriffen geschützt werden. Bringt der Mieter (mit Erlaubnis des Vermieters) eigene über das Internet bedienbare Schließvorrichtung an, obliegt es ihm, bestehenden Versicherungsschutz, v.a. mit der Hausratsversicherung, abzuklären.
C. Wichtige Vertragsinhalte automatisieren
I. Einleitung
Bevor auf eine Auswahl einzelner Umsetzungsvorschläge eingegangen wird, ist festzuhalten, dass eine umfassende Diskussion von automatisierteren Vertragsvereinbarungen in der Kürze eines Fachbeitrages nicht möglich ist. Hierfür bedarf es einer umfassenden juristischen Beratung im engen Zusammenspiel mit dem vom Auftraggeber (Vermieter oder Software-Anbieter) gewählten Softwarehersteller.
Im Folgenden werden die Hauptpflichten der Mietvertragsparteien,
- Gebrauchsgewährung/Gebrauchsüberlassung (§ 535 BGB),
- Mietzahlung
sowie
-
Miethöhe (§ 557 ff. BGB)
-
Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht (§ 556b BGB) und
-
Mietsicherheit (§ 551 BGB),
-
Betriebskostenabrechnung, darüber hinaus
-
Minderungsrecht (§ 536 BGB),
-
Melde- (§ 536c BGB) sowie
-
Behebungspflicht bei Mängeln ($ 535 Abs. 1 BGB),
-
Schadens- und Aufwendungsersatz des Mieters bei Nichtbehebung (§ 536a BGB),
-
Ankündigung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (§§ 555a, 555c BGB)
-
Gebrauchsüberlassung an Dritte (§§ 553, 540 BGB) und
-
Vertragsbeendigung
behandelt.
II. Zu den einzelnen Rechten und Pflichten
1. Gebrauchsgewährung/Gebrauchsüberlassung (§ 535 BGB)
Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren, § 535 Abs. 1 S. 1 BGB. Dabei meint Gebrauchsüberlassung die Überlassung zum alleinigen Gebrauch, nicht gemeinsamen Gebrauch.
Es wurde bereits kurz darauf hingewiesen, dass es möglich ist, das Wohnungstürschloss ausschließlich über einen elektronisch betriebenen Motor zu betätigen und diese elektronische Steuerung zum Vertragsinhalt zu machen. Bereits heute gibt es sog. Smart Homes, die sich vom Schloss bis hin zur Lichtsteuerung komplett fernsteuern lassen.(21) Deren Gebrauchsüberlassung würde statt einer physischen Schlüsselübergabe etwa die Einrichtung eines weiteren Nutzeraccounts und die Installation der Smart-Home-App auf dem Smartphone des Mieters erfordern. Denkbar ist nicht zuletzt die Integration der Steuerung des Wohnungstürschlosses in die Vertragsdatenbank, die möglicherweise wie ein Schlüsselbund fungiert und sämtliche Vertragsapplikationen verwaltet.
Bei meinen Recherchen zu Wünschen und Bedürfnissen der Parteien von automatisierten Verträgen wurden im Fall Wohnungsmietvertrag zwei wesentliche Vorstellungen geäußert:
- die Wohnungsübergabe und damit Gebrauchsüberlassung kann komfortabel über das Internet erfolgen und den persönlichen Übergabeaufwand ersparen sowie, spiegelbildlich,
- die Wohnungsrückgabe bei Vertragsbeendigung kann komfortabel über das Internet erfolgen.
- Nicht zuletzt kann bei Nichtzahlung der Miete die Tür versperrt werden.
Ungeachtet der fraglichen Sicherheit von elektronisch gesteuerten Türschlössern sollte doch schon bei a) die Frage gestellt werden, wie in diesem Fall sichergestellt wird, dass der Vermieter alle Schlüssel zur Wohnung an den Mieter übergibt. Der Vermieter ist nicht befugt, Schlüssel zur Wohnung einzubehalten, erst recht nicht, um wie im Falle b) die Wohnung nach Beendigung zurückzunehmen. In diesem Fall bliebe der Vermieter einseitig in der Lage, unter Missbrauch von Mieterschutzvorschriften jederzeit seine Kündigung durchzusetzen. Der Mieter ist gemäß § 546 Abs. 1 BGB verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben, das genügt. Eine Vereinbarung dahingehend, der Vermieter sei zur Rücknahme nach Beendigung des Mietverhältnisses berechtigt, wäre unwirksam, da sie den Mieter unangemessen durch Schaffung einer latenten Besitzentziehungsgefahr im Sinne der verbotenen Eigenmacht (§ 858 BGB) benachteiligt. Die gerichtliche Klärung, ob die Kündigung wirksam oder die Eigenmacht verboten ist, obliegt dann dem Mieter, der urplötzlich obdachlos und ohne Zugriff auf Eigentum und Unterlagen wäre. Die gar bewusst geschaffene Gefahr gesetzlich verbotener Eigenmacht zeigt sich in Buchstabe c).
Angenommen, der Vermieter würde seinen elektronischen Schlüssel löschen. Ist damit garantiert, dass dieser nicht wiederhergestellt wird, etwa weil er sich noch im „Papierkorb“ befindet? Nein. Der Mieter wird hierüber keine Kontrolle haben. Richtet der Vermieter einen Mieter-„Schlüsselaccount“ ein und deaktiviert seinen für die Dauer der Mietzeit, kann er auch während der Mietzeit seinen Account zur Öffnung der Wohnungstür reaktivieren. Nur ein Zeitmietvertrag könnte vermuten lassen, dass der Vermieter vielleicht wirklich keinen Zugriff hat, etwa durch eine Art Zeitschloss.
Denkbar ist eine Schlüsseltechnologie, bei der ein Hardwaretoken übergeben wird, auf dem ein sich stetig ändernder PIN-Code angezeigt wird. Dieser würde von der Schlüsselsoftware an der Türe benötigt, um selbige öffnen zu können. Ein solcher Schlüssel kann in der Tat sicherer sein als ein physischer Schlüssel, der sich wie ein einmal vergebenes Passwort nie verändert. Bleibt der Vermieter jedoch „Herr“ der Schlüsselsoftware, und davon ist auszugehen, bleibt er trotz gesteigerter Sicherheit durch die Verwendung des Hardwaretokens in der Lage, jederzeit ein neues Schlüsselpaar zu schaffen und gar die Software dahingehend zu verändern, dass der Hardwaretoken des Mieters nutzlos wird. Der Vermieter hat dann zwar vielleicht „alle“ Schlüssel bei Vertragsschluss übergeben, ist aber in der Lage, jederzeit die Schlüssel des Mieters zu entwerten und neue Schlüssel(paare) herzustellen. Im Ergebnis entspricht dies dem unberechtigten Einbehalten eines Schlüssels zur Wohnung und späteren Schlosswechsels, um den Mieter auszusperren.
Es muss also zumindest noch die Eingabemöglichkeit eines ausschließlich vom Mieter bestimmten und nur ihm bekannten Passworts hinzukommen, um den Vermieter vom ungewollten und damit unbefugten Betreten der Wohnung abhalten zu können. Wenn allerdings der Vermieter in der Lage ist, die Wohnungstüre durch Manipulation der Schlüssel-software zu verschließen und damit dem Mieter die Nutzung zu entziehen, nützt auch die zusätzliche Abfrage eines höchstpersönlichen Passworts nichts.
Somit bleibt schlussendlich nur eine elektronische Schließanlage, die ausschließlich unter Verwendung von vom Mieter bestimmten Codes gesteuert wird. Dass der Vermieter jedoch dem Mieter das alleinige Administrationsrecht über die elektronische Schließanlage seines Eigentums einräumt, ist höchst fraglich.
In der jederzeit bestehenden bloßen Möglichkeit der vorstehend beschriebenen Entziehung des vertragsgemäßen Gebrauchs durch den Vermieter liegt keine pflichtgemäße Gebrauchsgewährung im Sinne des § 535 BGB. Der Vermieter würde seine vertragliche Hauptpflicht verletzen.(22) In jedem Fall stünde dem Mieter der Herausgabeanspruch in Bezug auf alle erforderlichen Passwörter, insbesondere das Administrationspasswort zu.
Natürlich besteht grundsätzlich die Möglichkeit der vertraglichen Vereinbarung, etwa indem der Mieter bei Vertragsschluss freiwillig der Einbehaltung eines Ersatzschlüssels durch den Vermieter zustimmt. Da es sich hier jedoch weder um einen „Ersatzschlüssel für Notfälle“ handelt, noch ein sonstiger Mietervorteil erkennbar ist, ist auch die Freiwilligkeit einer solchen Zustimmung fraglich. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Passus unterzubringen, dass der Mieter der Schlüsselgewalt des Vermieters zustimmt, ist nach dieser Auffassung unwirksam, da überraschend und auch nach allgemeiner Lebenserfahrung so ungewöhnlich, dass der Vertragspartner mit ihnen nicht zu rechnen braucht, § 305c Abs. 1 BGB.
Eine vertragsgemäße Gebrauchsüberlassung im Sinne des Gesetzes ist also nicht gegeben, wenn der Vermieter die Schlüsselgewalt über die Wohnung behält. Die Gebrauchseinräumung über mit dem Vermieter geteilte Software (und damit verbundene Anwendungen) impliziert eine solche bestehen bleibende Schlüsselgewalt.
2. Mietzahlung
Auch im Falle der Mietzahlung ist es verlockend, die monatlich, spätestens am dritten Werktag (§ 556b Abs. 1 BGB) fälligen Beträge automatisch unter Nutzung einer mit dem Mieter geteilten Software einzuziehen. Das geht aber nicht unmittelbar über eine gemeinsam genutzte Datenbank wie die hier diskutierte. Auch kann dem Vermieter kein Zugriffsrecht auf das (online geführte) Giro-Konto des Mieters eingeräumt werden. Natürlich kann in der Datenbank, etwa in der Spalte „Monatliche Miete“ termingerecht „- Betrag X“ eingetragen werden. Damit ist jedoch der Geldbetrag nicht beim Vermieter eingegangen. Nur die Mietschuld dokumentiert.
Eine praktisch denkbare und umsetzbare Lösung ist eine gemeinsame SEPA-Lastschriftmandatsverwaltung. Ein SEPA-Lastschriftmandat ist die rechtliche Legitimation für den Einzug von SEPA-Lastschriften. Ein Mandat umfasst sowohl die Zustimmung des Zahlers zum Einzug der Zahlung per SEPA-Lastschrift an den Zahlungsempfänger als auch den Auftrag an den eigenen Zahlungsdienstleister zur Einlösung der Zahlung. Eine besondere Art und Weise der Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandats nicht vorgesehen.(23) Die Bank des Lastschrifteinreichers entscheidet, ob sie im Internet erteilte Mandate akzeptiert. Ausschlaggebend sind die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister.(24)
Dem Mieter bliebe die monatliche manuelle Mietzahlung erspart, der Vermieter könnte seine Miete stets pünktlich einziehen. Selbst wenn ein solcher Mietvertrag gehackt würde, bliebe dem Mieter bei Missbrauch des Lastschriftmandats noch immer die Rücklastschrift. Eine SEPA-Basislastschrift kann innerhalb von acht Wochen nach Belastung an den Einreicher zurückgegeben werden, d. h. eine entsprechende Kontobelastung wird rückgängig gemacht. Ein Lastschrifteinzug ohne Mandat, d. h. eine unautorisierte Lastschrift, kann vom Zahler innerhalb von 13 Monaten nach der Kontobelastung zurückgegeben werden.(25)
Zum Schutze des Mieters sollten dennoch innerhalb der Vertragsdatenbank jegliche Kontodaten anonymisiert dargestellt werden. Der Vermieter muss die SEPA-Lastschriftmandate gesondert aufbewahren.
Er als Lastschrifteinreicher ist aufgrund Inkassovereinbarung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zur Aufbewahrung der SEPA-Lastschriftmandate und deren Änderungen verpflichtet (vgl. z.B. § 147 AO).
3. Miethöhe (§ 557 ff. BGB)
Eine interessante Frage ist, ob und wann der Vermieter durch solch einen automatisierten Mietvertrag die Miethöhe und deren Berechnung wie Geltendmachung durch einen Algorithmus regulieren kann.
Während des Mietverhältnisses können die Parteien eine Erhöhung der Miete vereinbaren, § 557 Abs. 1 BGB. Künftige Änderungen der Miethöhe können die Vertragsparteien als Staffelmiete nach § 557a oder als Indexmiete nach § 557b BGB vereinbaren, § 557 Abs. 2 BGB. Im Übrigen kann der Vermieter Mieterhöhungen bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete und nach Modernisierungsmaßnahmen nach den §§ 558 bis 560 BGB verlangen, soweit nicht eine Erhöhung durch Vereinbarung ausgeschlossen ist oder sich der Ausschluss aus den Umständen ergibt.
Die Miete kann gemäß § 557a Abs. 1 BGB für bestimmte Zeiträume in unterschiedlicher Höhe nur schriftlich vereinbart werden; in der Vereinbarung ist die jeweilige Miete oder die jeweilige Erhöhung in einem Geldbetrag auszuweisen (Staffelmiete). An der Schriftform fehlt es bei einem wie hier skizzierten Wohnungsmietvertrag. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist gemäß § 557a Abs. 5 BGB unwirksam.
Die Vertragsparteien können nach § 557b Abs. 1 BGB ebenso nur schriftlich vereinbaren, dass die Miete durch den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland bestimmt wird (Indexmiete). Auch hier ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam, § 557b Abs. 5 BGB.
In den Fällen der Staffel- und Indexmiete bedarf es lediglich einer schriftlichen Vereinbarung. Wird diese etwa durch zusätzliches Erfordernis des Ausdruckens des exportierbaren Mietvertragsdokuments inklusive einer solchen Regelung und anschließenden Unterschrift formgerecht vorgenommen, steht einer automatisierten Mietvertragsverwaltung nebst automatischer Mietpreisaktualisierung nichts im Wege.
Die Mieterhöhung nach § 558 BGB bis zur örtlichen Vergleichsmiete ist nach § 558a Abs. 1 BGB lediglich in Textform zu erklären. Die Mietvertragssoftware mit umfassenden Dokumentations- und direkten Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Vermieter und Mieter würde hier also den gesetzlichen Anforderungen genügen. Dementsprechend ist auch die Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung nach § 558 BGB nicht formgebunden. Eine kurze Textmitteilung über die Mietvertragssoftware genügt.
Die Textform gilt auch für Mieterhöhungsverlangen wegen Modernisierung, vgl. § 559b Abs. 1 S. 1 BGB. Die Erklärung ist gemäß S. 2 jedoch nur wirksam, wenn in ihr die Erhöhung auf Grund der entstandenen Kosten berechnet und entsprechend den gesetzlichen Voraussetzungen erläutert wird.
4. Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrecht (§ 556b BGB)
Angenommen, die Bank des Vermieters hat mit SEPA-Lastschriften, die über das Internet in Textform erteilt worden sind, kein Problem, kann der Vermieter sich durch den bei Vertragsabschluss über das Internet mit dem Vertragsprogramm interagierenden Mieter ein SEPA-Lastschriftmandat für wiederkehrende Zahlungen erteilen lassen. Der Mieter hat in diesem Fall ein Widerrufsrecht, welches er durch das ihm zustehende Änderungsrecht an der Vertragsdatenbank ausüben kann, etwa wenn Gegenansprüche wie Minderungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung fällig werden.
Die Absicht der Geltendmachung muss dem Vermieter jedoch mindestens einen Monat vor Fälligkeit der Miete in Textform angezeigt werden, § 556b Abs. 2 S. 1 BGB. Die Textform im Rahmen einer Vertragssoftware mit vorgesehenen Eingabemasken und Nachrichtenfunktion genügt also um den Mieter- und Vermieterinteressen gerecht zu werden.
Sobald ein Aufrechnungsfall oder Grund zur Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts wirk-sam geworden ist, muss der Mieter ein neues SEPA-Lastschriftmandat für wiederkehrende Zahlungen erteilen. Der automatisierte Mietvertrag sollte hierfür Warn- und Erinnerungsmechanismen enthalten.
5. Mietsicherheit (§ 551 BGB)
Auch die Mietkaution kann durch Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandat gezahlt werden. Wahlweise muss dem Mieter dann die Abbuchung in drei Raten ermöglicht werden, vgl. § 551 Abs. 2 BGB. Da die Mietsicherheit getrennt vom Vermietervermögen angelegt werden muss (§ 551 Abs. 3 S. 3 BGB), sollte dieses SEPA-Lastschriftmandat für einmalige oder dreifach wiederkehrende Zahlungen nicht dem Vermieter, sondern direkt dem Kreditinstitut erteilt werden. Der Vermieter kann dem Mieter hierfür das ggf. vorgesehene Formular über die Vertragsdatenbank zur Verfügung stellen, welches der Mieter in der erforderlichen Form direkt beim Kreditinstitut einreichen kann.
6. Betriebskostenabrechnung
Mieter und Vermieter können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt, § 556 Abs. 1 S. 1 BGB. Ebenso können Sie vereinbaren, dass auf die Betriebskosten angemessene Vorauszahlungen geleistet werden, § 556 Abs. 2 BGB. In diesem Fall ist jährlich über die Betriebs-kosten abzurechen; spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums, § 556 Abs. 3 BGB. Bietet der Vermieter im Rahmen der gemeinsamen EDV-basierten Vertragsverwaltung einen integrieren Betriebskostenabrechnungsservice an, der den Mieter sofort nach Fertigstellung und inklusive einsehbarer erforderlicher Rechnungen informiert, spart sich der Vermieter erheblichen Mehraufwand und mindert das Risiko, wegen verstrichener Abrechnungsfrist keine Betriebskostennachforderung mehr geltend machen zu können.
Auch hier kann die Software eine automatische Erinnerung des Mieters an die Erteilung eines vorbereiteten, entsprechenden SEPA-Lastschriftmandats vorsehen. Zahlt der Mieter die Betriebskostennachzahlung direkt durch Überweisung, kann der Vermieter den Zahlungseingang in der Vertragsdatenbank vermerken und die Erinnerung somit ausschalten.
7. Minderungsrecht (§ 536 BGB)
Gemäß § 536 Abs. 1 BGB ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
Die Minderung tritt von Gesetzes wegen ein. Grund für Streit ist jedoch stets die Minderungshöhe. Sie ist selten konkret benennbar und eine richterliche Einzelfallentscheidung. Den Parteien ist es jedoch stets lange vor Inanspruchnahme des Gerichts unbenommen, sich über die Minderungshöhe zu einigen.
Denkbar ist also, dass man bereits bei Vertragsschluss hinsichtlich häufig auftretender, typischer oder auch wohnungsbedingt zu erwartender Mängel bestimmte Minderungsquoten vereinbart. Wie bereits vorgeschlagen, könnten die Mietvertragsparteien sich durch die Nutzung von Schiebereglern zwischen 0% und der vorbestimmten Schmerzgrenze des Vermieters einigen. Das Erkennen der Schmerzgrenze sollte jedoch zugunsten des Vermieters nicht ermöglicht werden. Ebenso darf der Vermieter im Falle eines Mietvertrags in Form von allgemeinen Geschäftsbedingungen keinen einseitigen Ausschluss der Mietminderung bestimmen. Eine zum Nachteil des Mieters von § 536 BGB abweichende Vereinbarung ist unwirksam, § 536 Abs. 4 BGB.
Sind aufgrund Vereinbarung bestimmte Minderungsquoten vorgesehen, kann die monatliche Miete nach Eingabe einer Mängelmeldung durch den Mieter automatisch gemindert werden.
8. Meldepflicht bei Mängeln (§ 536c BGB)
Zeigt sich im Laufe der Mietzeit ein Mangel der Mietsache oder wird eine Maßnahme zum Schutz der Mietsache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich, so hat der Mieter dies dem Vermieter unverzüglich anzuzeigen, § 536c Abs. 1 S. 1 BGB.
Im Rahmen einer gemeinsamen Mietvertragsverwaltung könnte der Mieter hier etwa auf seinem Smartphone unter Nutzung einer bestimmter Eingabemaske Mängel melden. Verzögerungen, etwa weil der Vermieter telefonisch nicht erreichbar, oder der Mieter beruflich stark eingespannt ist, gehören dann der Vergangenheit an. Der Mieter findet die 1-2 Minuten Zeit, auf dem rund um die Uhr in Beschlag genommenen Smartphone eine notwendige Eingabe zu machen. Der Anreiz ist besonders groß, wenn durch die oben genannte automatische Minderung infolge vertraglicher Vereinbarung von Minderungsquoten die Folgemiete günstiger wird.
Der Mieter könnte zudem in einer nachfolgenden Terminabfrage die Mängelbesichtigung mit dem Vermieter vereinbaren. Fotos vom Mangel könnten ggf. direkt vom Mieter hoch-geladen und an den Vermieter übermittelt werden.
9. Behebungspflicht bei Mängeln ($ 535 Abs. 1 BGB)
Um der Mängelbeseitigung schneller nachzukommen, könnte der Vermieter aktuelle Kontaktdaten von Partnerunternehmen über die Vertragsdatenbank bereitstellen. Der Mieter wäre so in die Lage versetzt, seinen Terminplan direkt mit dem Fachunternehmen abzustimmen.
10. Schadens- und Aufwendungsersatz des Mieters bei Nichtbehebung (§ 536a BGB)
Auch die Gefahr des Streits wegen Schadens- und Aufwendungsersatzansprüchen des Mieters gemäß § 536a BGB könnte auf diese Weise stark reduziert bis ausgeschlossen werden. Der Mieter kann sein Problem im Regelfall selbst lösen. Sollte der Vermieter mit dem Kostenvoranschlag des Partnerunternehmens nicht einverstanden sein, bleibt es ihm immer noch unbenommen, ein anderes Unternehmen zu beauftragen.
11. Ankündigung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen (§§ 555a, 555c BGB)
Erhaltungsmaßnahmen sind dem Mieter rechtzeitig anzukündigen, es sei denn, sie sind nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die Mietsache verbunden oder ihre sofortige Durchführung ist zwingend erforderlich, § 555a Abs. 2 BGB. Da eine direkte Verbindung über die Vertragssoftware zum Mieter besteht, könnte der Vermieter Push-Mitteilungen nutzen, um selbst notwendige Sofortmaßnahmen anzukündigen.
Der Vermieter hat dem Mieter eine Modernisierungsmaßnahme spätestens drei Monate vor ihrem Beginn in Textform anzukündigen (Modernisierungsankündigung), § 555c BGB. Ob Push-Mitteilung oder ein in die Vertragsdatenbank eingestelltes Anschreiben, welches exportiert werden kann – die erforderliche Textform kann mithilfe der Vertragssoftware leicht erfüllt werden.
12. Gebrauchsüberlassung an Dritte (§§ 553, 540 BGB)
Der Mieter ist ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen, insbesondere sie weiterzuvermieten, § 540 Abs. 1 S. 1 BGB.
Entsteht für den Mieter nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, so kann er von dem Vermieter die Erlaubnis hierzu verlangen. Dies gilt nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann (§ 553 Abs. 1 BGB).
Das Gesetz schreibt keine bestimmte Form für die Mitteilung des Mieters bzw. die Erlaubnis des Vermieters vor. Auch hier können die Parteien das Wesentliche über die Vertragssoftware kommunizieren. Vorsicht ist jedoch geboten bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten des Dritten. Hier sollte seine Einwilligung nach §§ 4, 4a BDSG eingeholt, der Mieter insofern auch darauf hingewiesen werden.
13. Vertragsbeendigung und Gebrauchsentziehung
Wie bereits unter 1. festgestellt wurde, ist eine Gebrauchsentziehung durch den Vermieter nicht zulässig. Insbesondere ist es vor dem Hintergrund sachenrechtlicher Vorschriften nicht zulässig, den Besitz des Mieters an der Wohnung zu entziehen, um Mietzahlungen zu erzwingen.
Der Vermieter kann nach den §§ 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen, wenn der Mieter der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht. Dabei ist gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB der rückständige Teil der Miete nur dann als nicht unerheblich anzusehen, wenn er die Miete für einen Monat übersteigt. Die Kündigung wird gemäß § 543 Abs. 2 S. 3 BGB unwirksam, wenn sich der Mieter von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt. Die Kündigung wird gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.
Wie man an diesen gesetzlichen Bestimmung beispielhaft erkennen kann, ist es nicht zulässig, beim ersten Verzug des Mieters, etwa weil er hier vergessen hat, ein neues SEPA-Lastschriftmandat zu erteilen, mit einer Gebrauchsentziehung (oder gar Freiheitsberaubung) zu reagieren, indem eine vertrags- und rechtswidrige Sperrung der Wohnungstür durch den Vermieter vorgenommen wird. Eine Gebrauchsentziehung durch Räumung kann nur das Gericht auf eine Räumungsklage hin verfügen. Doch selbst nach deren Rechtshängigkeit, i.e. Zustellung der Räumungsklage beim Mieter, wird die Kündigung noch durch Zahlung des fälligen Betrages unwirksam. Selbstjustiz ist dem Vermieter nicht gestattet. Eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Mieters von § 569 Abs. 1 bis 3 BGB oder von § 543 BGB abweicht, ist unwirksam.
Die Kündigung des Mietverhältnisses bedarf zudem der schriftlichen Form, § 568 Abs. 1 BGB. Im Falle der Kündigung durch den Vermieter ist auch der Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung schriftlich zu erklären, § 574b Abs. 1 S. 1 BGB. Die Kommunikation dieser Erklärungen kann über ein Vertragsmanagement, wie es hier beschrieben wird, nicht rechtswirksam erfolgen.
III. Fazit
Grundsätzlich ist es möglich, Wohnungsmietverträge zu automatisieren. Der Vorteil liegt vor allem in der Reduzierung von Verwaltungsaufwand und Kosten beim Vermieter. Der Mieter kommt, unter Nutzbarmachung der Einsparungspotenziale für den Vermieter, in den Genuss vielerlei Vorteile, die im Normalfall aufwändig auf dem Rechtsweg eingefordert werden würden. Datenschutzrechtliche und sicherheitstechnische Anforderungen sind hoch, jedoch im Vergleich zur Nutzung von Blockchain-Technologie erfüllbar. Der Vermieter bedarf hier in jedem Fall einer professionellen rechtlichen und technischen Umsetzungsberatung.
Klar ist, dass eine Vollautomatisierung nicht möglich ist, Mieter und Vermieter werden in den meisten Fällen Eingaben machen müssen, um eine Ausgabe durch die Mietvertragssoftware zu erreichen. Die Automatisierung hat auch (Vernunft-)Grenzen: so sieht ein guter Wohnungsmietvertrag auch Regelungen vor, die klarstellend und zur Vorbeugung von unnötigen Streitigkeiten das Rechtsverhältnis und die Risikoverteilung zwischen den Parteien regeln. Eine Automatisierung etwa von Kleinreparatur- und Schönheitsreparaturklauseln, Regelungen über Einbauten durch den Mieter, Erlaubnisbedürfnis bei gewerblicher Nutzung etc. macht keinen Sinn.
In vielen Punkten bleibt, vorbehaltlich einer Gesetzesänderung, die Schriftform zwingend und Wirksamkeitsvoraussetzung, die qualifizierte elektronische Signatur aber eher nicht umsetzbar. Die Schriftform ist jedoch erfüllbar, wenn die Vertragsparteien die elektronische Vereinbarung noch einmal schriftlich fixieren.
Abschließend ist festzuhalten, dass die Automatisierung von Mietverträgen nicht dazu führen darf, dass der Vermieter einseitig seine Interessen über die schützenswerten Interessen des Mieters stellt. Die gesetzliche Anordnung rechtlicher Unwirksamkeit bei Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters ist und bleibt Gesetz.
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Fußnoten:
*) Lediglich aufgrund des Gesetzeswortlauts wird von Mieter und Vermieter gesprochen.
(1) Claudia Otto, Vom Anwalt der auszog, das Fürchten zu lernen, Ri 2017, 5 ff
(2) Claudia Otto, Welcome to the Matrix, Ri 2017, 24 (31)
(3) Claudia Otto, Vom Anwalt der auszog, das Fürchten zu lernen, Ri 2017, 5 (8)
(4) Claudia Otto, Vom Anwalt der auszog, das Fürchten zu lernen, Ri 2017, 5 (11)
(5) Claudia Otto, Vom Anwalt der auszog, das Fürchten zu lernen, Ri 2017, 5 (11)
(6) http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/vertrauen.html
(7) https://www.ethereum.org/agreement
(8) Claudia Otto, Chaining Blocks and Blocking Chains, Ri 2017, 19 f.
(9) Vgl. Präsentation „Lawyers on the Rocks“ für die Moscow Legal Tech 2017, http://cotlegal.com/moscow-legal-tech-2017.html
(10) https://techcrunch.com/2017/02/23/security-researchers-announce-first-practical-sha-1-collision-attack/
(11) https://www.inc.com/joseph-steinberg/no-https-wont-keep-your-internet-usage-habits-secret.html
(12) https://www.heise.de/newsticker/meldung/Cipher-Event-Enigma-Verschluesselung-mit-Turing-Bombe-nach-fuenf-Stunden-geknackt-3678701.html
(13) https://www.ethereum.org/agreement
(14) Claudia Otto, Vom Anwalt der auszog, das Fürchten zu lernen, Ri 2017, 5 (8)
(15) https://www.btc-echo.de/was-ist-die-blockchain/
(16) Wolfgang Lassmann (Hrsg.), Wirtschaftsinformatik: Nachschlagewerk für Studium und Praxis, S. 127
(17) Vgl. Wolfgang Lassmann (Hrsg.), Wirtschaftsinformatik: Nachschlagewerk für Studium und Praxis, S. 132
(18) LG Berlin, Beschluss vom 18. August 2002 – 67 T 70/02
(19) https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Service-Funktionen/ElektronischeVertrauensdienste/QES/WasbenoetigtmanzurSignatur/wasbenoetigtmanzursignatur-node.html
(20) https://www.nrca-ds.de/ und, hierauf verweisend: https://www.bundesnetzagentur.de/cln_1412/DE/Service-Funktionen/ElektronischeVertrauensdienste/QES/WelcheAufgabenhatdieBundesnetzagentur/AufsichtundAkkreditierungvonAnbietern/ZertifizierungsDiensteAnbietr_node.html
(21) http://www.ardmediathek.de/tv/Plusminus/Smart-Home-So-leicht-haben-es-Einbrec/Das-Erste/Video?documentId=40709860
(22) OLG Celle, Beschluss vom 5. Oktober 2006, Az. 13 U 182/06 = WuM 2007, 201.
(23) https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/FAQ_Listen/zahlungsverkehr_sepa.html?docId=125174#125174
(24) https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Presse/Pressenotizen/2013/2013_09_12_sepa_lastschriften.pdf?__blob=publicationFile
(25) https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/FAQ_Listen/zahlungsverkehr_sepa.html?docId=125174#125174
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